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Jahreswechsel 2021/2022

Änderungen Arbeitsförderungsrecht

Mit dem Flexirentengesetz vom 8. Dezember 2016 hat der Gesetzgeber – neben diversen Änderungen bzgl. Rentenversicherungspflicht und Hinzuverdienst – auch eine Regelung ins Arbeitsförderungsrecht (SGB III) aufgenommen, mit der das Abführen des Arbeitgeberanteils zur Arbeitslosenversicherung für Beschäftigte nach Erreichen der Regelaltersgrenze vorübergehend ausgesetzt wurde. Diese Übergangsregelung läuft am 31. Dezember 2021 aus.


Darüber hinaus soll im Folgenden auf die jüngste Verlängerung einiger Corona-Sonderregelungen beim Kurzarbeitergeld (KUG) im Rahmen der Vierten Verordnung zur Änderung der Kurzarbeitergeldverordnung eingegangen werden, ohne allerdings das umfangreiche Thema KUG hier in seiner gesamten Bandbreite abbilden zu wollen.

Arbeitgeberanteil lebt wieder auf

Im Recht der Arbeitsförderung tritt für ältere Beschäftigte nach Ablauf des Monats, in dem die Regelaltersgrenze erreicht wird, Versicherungsfreiheit ein (§ 28 Abs. 1 Nr. 1 SGB III).

Der Arbeitgeber ist aus Gründen der Chancengleichheit gegenüber jüngeren Arbeitnehmern gleichwohl verpflichtet, seinen Beitragsanteil zu zahlen (§ 346 Abs. 3 SGB III).

Übergangsregelung: Nach dem Flexirentengesetz ist die Beitragspflicht befristet für fünf Jahre vom 1. Januar 2017 bis zum 31. Dezember 2021 ausgesetzt worden (§ 346 Abs. 3 Satz 3 SGB III). Das politische Ziel dahinter bestand darin, die Attraktivität der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer zu steigern, längere Erwerbsphasen zu ermöglichen und so ein Stück weit dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.

In der Konsequenz läuft die Übergangsregelung am 31. Dezember 2021 aus, vom 1. Januar 2022 an ist die Beitragsabführung wieder aufzunehmen. Dazu ist der Beitragsgruppenschlüssel in der Arbeitslosenversicherung von „0“ (kein Beitrag) in „2“ (halber Beitrag) zu ändern sowie eine Abmeldung („32“) und eine Anmeldung („12“) zu übermitteln.

Fortschreibung „Erfolgsmodell Kurzarbeit“

Die diversen Sonderregelungen beim Kurzarbeitergeld (KUG) haben sich als wirksames Instrument zur Sicherung von Arbeitsplätzen während der Corona-Pandemie erwiesen. Der IWF (Internationaler Währungsfonds) geht davon aus, dass ohne diese Regelungen die Arbeitslosenquote im zweiten Quartal 2020 rund drei Prozentpunkte höher ausgefallen wäre. Anlass genug, die auf 24 Monate verlängerte Bezugsdauer, die Zugangserleichterungen und die Erstattung der SV-Beiträge noch einmal bis zum 31. März 2022 zu verlängern.

PRAXIS-TIPP:

Ausführliche Informationen, Merkblätter, Erklärvideos, Formulare, eServices etc. stellt die Bundesagentur für Arbeit auf ihrer Homepage zur Verfügung.

Auf Grundlage der Verordnungsermächtigung gem. § 109 Abs. 5 SGB III hat die Bundesregierung die Verordnung über Erleichterungen der Kurzarbeit (Kurzarbeitergeldverordnung, KugV) vom 25. März 2020 erlassen. Damit ist anknüpfend an die guten Erfahrungen, die Deutschland während der Finanz- und Wirtschaftskrise in den Jahren 2008/2009 mit der Erweiterung der Möglichkeiten zum Bezug von KUG gemacht hat, befristet der Anteil der Beschäftigten, der von Arbeitsausfall betroffen sein muss, um einen Anspruch auf KUG zu haben, auf 10 % der Belegschaft (anstatt eines Drittels) abgesenkt und auf den Aufbau negativer Arbeitszeitsalden verzichtet worden. Dadurch konnte der Zugang zum KUG deutlich erleichtert werden. Zudem werden die Arbeitgeber dadurch entlastet, dass die BA ihnen die während der Zeit des Arbeitsausfalls allein zu tragenden SV-Beiträge vollständig pauschaliert erstattet (100 %). Schließlich ist die Möglichkeit des KUG-Bezugs auf Leiharbeitnehmer ausgedehnt worden. Alle vier Maßnahmen galten seit dem 1. März 2020 zunächst befristet bis zum 31. Dezember 2020.

Die Erste Verordnung zur Änderung der KugV stammt vom 21. Oktober 2020. Damit wurden die o. g. Corona-Sonderregelungen (erleichterte Zugangsvoraussetzungen und kein Aufbau negativer Arbeitszeitsalden) bis zum 31. Dezember 2021 für alle Betriebe verlängert, die bis zum 31. März 2021 mit der Kurzarbeit begonnen haben. Für Verleihbetriebe, die bis zum 31. März 2021 in Kurzarbeit gingen, wurde bis zum 31. Dezember 2021 die Möglichkeit verlängert, dass auch ihre beschäftigten Leiharbeitnehmer KUG beziehen können. Die vollständige pauschalierte Erstattung der SV-Beiträge während der Kurzarbeit wurde bis zum 30. Juni 2021 verlängert.

Mit der Zweiten Verordnung zur Änderung der KugV vom 25. März 2021 sind die Zugangserleichterungen auch für Fälle verlängert worden, in denen Kurzarbeit (anstatt wie bislang bis zum 31. März 2021) bis spätestens zum 30. Juni 2021 neu oder nach einer Unterbrechung von mindestens drei Monaten erneut eingeführt wurde. Die befristete Öffnung für Leiharbeitnehmer bis zum 31. Dezember 2021 galt danach auch für Verleihbetriebe, die bis zum 30. Juni 2021 Kurzarbeit einführen mussten.

Die Dritte Verordnung zur Änderung der KugV vom 17. Juni 2021 verlängerte den erleichterten Zugang und die volle Erstattung der SV-Beiträge bis zum 30. September 2021, um mithilfe von Kurzarbeit Beschäftigungsverhältnisse auch über den 30. Juni 2021 hinaus zu stabilisieren und dadurch Arbeitslosigkeit und ggf. Insolvenzen möglichst zu vermeiden. Die Erstattung der SV-Beiträge wurde nach Stellung des Insolvenzantrages bis zur Entscheidung des Gerichts über diesen Antrag oder bis zur Rücknahme des Insolvenzantrages grundsätzlich ausgeschlossen. Die bis zum 31. Dezember 2021 befristete Möglichkeit, KUG für Leiharbeitnehmer zu zahlen, ist für Verleihbetriebe verlängert worden, die bis zum 30. September 2021 Kurzarbeit eingeführt hatten. Danach sollten die Verleihbetriebe das branchenübliche Risiko verleihfreier Zeiten eigentlich wieder selbst tragen – so wie vor der Einführung der Corona-Sonderregelungen.

Die Vierte Verordnung zur Änderung der KugV vom 23. September 2021 regelt, dass die Zugangsvoraussetzungen auch dann bis zum 31. Dezember 2021 herabgesetzt bleiben, wenn Kurzarbeit erst nach dem 30. September 2021 eingeführt wird. Die Zahl der Beschäftigten, die vom Arbeitsausfall betroffen sein müssen, bleibt für diese Betriebe von mindestens einem Drittel auf mindestens 10 % abgesenkt und auf den Aufbau negativer Arbeitszeitsalden vor der Gewährung von konjunkturellem KUG (sowie Saison-KUG) wird weiter vollständig verzichtet. Der Zugang von Leiharbeitnehmern bleibt bis zum 31. Dezember 2021 auch dann eröffnet, wenn der Verleihbetrieb nach dem 30. September 2021 Kurzarbeit eingeführt hat. Den Arbeitgebern werden die SV-Beiträge über den 30. September 2021 hinaus bis zum 31. Dezember 2021 weiter voll und auch dann erstattet, wenn mit der Kurzarbeit erst nach dem 30. September 2021 begonnen wird.

Verlängerung bis 31. März 2022

Mit der Verordnung über die Bezugsdauer und Verlängerung der Erleichterungen der Kurzarbeit (Kurzarbeitergeldverlängerungsverordnung – KugverlV) vom 30. November 2021 wird die Möglichkeit, die maximale Bezugsdauer von bis zu 24 Monaten nutzen zu können, für weitere drei Monate bis zum 31. März 2022 verlängert. Zusätzlich werden auch die Erleichterungen und Sonderregelungen für den Bezug von KUG bis zum 31. März 2022 verlängert, die bisherige vollständige Erstattung der SV-Beiträge wird dabei auf die Hälfte reduziert. Die Kurzarbeitergeldverlängerungsverordnung tritt mit Wirkung vom 1. Januar 2022 in Kraft und mit Ablauf des 31. März 2022 außer Kraft, sie regelt im Einzelnen:

  • Die Zahl der Beschäftigten, die vom Arbeitsausfall betroffen sein müssen, bleibt von mindestens einem Drittel auf mindestens 10 % abgesenkt.
  • Auf den Aufbau negativer Arbeitszeitsalden vor der Gewährung von konjunkturellem KUG (sowie Saison-KUG) wird weiter vollständig verzichtet.
  • Der Zugang von Leiharbeitnehmern zum KUG bleibt ebenfalls bis zum 31. März 2022 eröffnet.
  • Den Arbeitgebern werden die von ihnen während der Kurzarbeit allein zu tragenden SV-Beiträge in Höhe von 50 % auf Antrag in pauschalierter Form erstattet.

Der Zugang von Leiharbeitnehmern bleibt bis zum 31. Dezember 2021 auch dann eröffnet, wenn der Verleihbetrieb nach dem 30. September 2021 Kurzarbeit eingeführt hat.

Den Arbeitgebern werden die SV-Beiträge über den 30. September 2021 hinaus bis zum 31. Dezember 2021 weiter voll und auch dann erstattet, wenn mit der Kurzarbeit erst nach dem 30. September 2021 begonnen wird.

Leistungssatzhöhe und Hinzuverdienst: Mit Artikel 12a des Gesetzes zur Stärkung der Impfprävention gegen COVID-19 und zur Änderung weiterer Vorschriften im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie sind auch die Corona-Sonderregelungen zur gestaffelten Leistungssatzhöhe und zum zulässigen Hinzuverdienst noch einmal verlängert worden: Bislang beschränkte sich der Anspruch auf ein erhöhtes KUG auf Beschäftigte, die bereits bis zum 31. März 2021 KUG bezogen haben. Sofern im jeweiligen Bezugsmonat die Differenz zwischen Soll- und Ist-Entgelt mindestens 50 % beträgt, erhöht sich der reguläre Leistungssatz von 60 bzw. 67 % der Nettoentgeltdifferenz (ohne/mit Kind) ab dem 4. Bezugsmonat auf 70 bzw. 77 %, ab dem 7. Bezugsmonat beträgt der Leistungssatz 80 bzw. 87 %. Als Bezugsmonat sind dabei alle Monate ab März 2020 zu berücksichtigten. Nunmehr ist der Anspruch auf die erhöhten Leistungssätze zum einen für die Beschäftigten, deren Anspruch bis zum 31. März 2021 entstanden war, bis zum 31. März 2022 verlängert worden. Zum anderen wird der erhöhte Anspruch für den Zeitraum von Januar bis März 2022 auf die Beschäftigten ausgeweitet, die seit April 2021 erstmals in Kurzarbeit gegangen sind. Außerdem ist die Möglichkeit bis zum 31. März 2022 verlängert worden, während der Kurzarbeit einen anrechnungsfreien Minijob (geringfügig entlohnte Beschäftigung) aufzunehmen.

Neues KEA-Verfahren

Die Corona-Pandemie hat dazu geführt, dass Unternehmen in einem nie dagewesenen Umfang Kurzarbeitergeld in Anspruch nehmen müssen. Im April 2020 waren über 600.000 Betriebe betroffen mit fast 6 Mio. Kurzarbeitern. Auch im April 2021, also ein Jahr später, waren es nach Hochrechnung der Bundesagentur für Arbeit (BA) noch 338.688 Betriebe mit 2,34 Mio. Kurzarbeitern. Zum Vergleich: Im Januar 2020 waren es nur 4.343 Betriebe mit 133.198 Kurzarbeitern.

Diese Zahlen machen deutlich, wie hoch und wie schnell das Volumen an Anträgen und anderen Dokumenten gewachsen ist, das die BA verarbeiten musste und immer noch muss. Sie hat darauf mit einer konsequenten Digitalisierung der Verfahren reagiert. Wer auf die Internetseiten der BA zum KUG schaut, findet dort nicht nur Informationen, Erklärvideos und FAQ-Listen, sondern auch elektronische Hilfsmittel, um die Dokumente zum KUG zu übermitteln:

  • Mehrere PDF-Dokumente zum Herunterladen
  • Ein Zugang zu speziellen eServices auf einem Portal der BA
  • U:DO – der digitale Assistent zur Beantragung von KUG
  • Ein Upload-Service zum Hochladen der Dokumente
  • Eine App der BA bei Google Play und im Apple App-Store

Der nächste Schritt war das KEA-Verfahren – KEA steht für „Kurzarbeitergeld-Dokumente elektronisch annehmen“. Damit wird den Arbeitgebern der Weg eröffnet, diese Dokumente wie Melde- oder Beitragsnachweis-Datensätze aus der eigenen Software oder einer Ausfüllhilfe heraus elektronisch an die BA zu übermitteln. Damit können Arbeitgeber Anträge stellen auf:

  • Kurzarbeitergeld,
  • Saison-Kurzarbeitergeld,
  • Erstattung der SV-Beiträge sowie
  • ergänzende Leistungen zum Saison-KUG (Mehraufwands- und Zuschuss-Wintergeld).

Die BA nimmt die Leistungsanträge elektronisch entgegen und übermittelt ihre Rückmeldungen auf elektronischem Weg.

Die Integration der Antragsverfahren zum KUG in die Datenübermittlung an die BA (§ 108 Abs. 1 SGB IV) ist mit dem Teilhabestärkungsgesetz vom 2. Juni 2021 erfolgt. Mit Wirkung ab dem 1. Juli 2021 wurde klargestellt, dass die technischen und rechtlichen Bedingungen für die Datenübermittlung nach dem Vierten Buch Sozialgesetzbuch auch auf die o. g. Kurzarbeitergeld-Dokumente angewendet werden können.

WICHTIG:

Das KEA-Verfahren betrifft nur die o. g. Anträge (ggf. Korrekturen derselben), die „Anzeige eines Arbeitsausfalls“ muss erstmalig bzw. nach einer Unterbrechung > 3 Monate in gewohnter Form eingereicht werden.

Als Zusatzmodul: Bis zum 30. Juni 2021 bestand diese Möglichkeit nicht, für die Folgezeit wurde das KEA-Verfahren von der BA konzipiert. Damit können Arbeitgeber die monatlichen Anträge auf Erstattung von Kurzarbeitergeld, die dazugehörigen Abrechnungslisten sowie die Listen der Neueinstellungen direkt elektronisch aus ihrem Abrechnungsprogramm übermitteln, soweit der Softwarehersteller das Verfahren bereits zur Verfügung stellt – was er nicht muss, da es sich lediglich um ein Zusatzmodul handelt. Alternativ kommen auch systemgeprüfte Ausfüllhilfen in Betracht, aber in sv.net ist das KEA-Verfahren bislang noch nicht umgesetzt.

Zum Hintergrund: Das Verfahren zur Beantragung von KUG ist grundsätzlich zweigeteilt. Es unterteilt sich in ein Anzeige- und ein Antragsverfahren (Leistungsanträge mit Abrechnungslisten). Das neue KEA-Verfahren bezieht sich aktuell nur auf die elektronisch übermittelten Leistungsanträge und ggf. deren Korrekturen. Das Anzeigeverfahren muss weiterhin in gewohnter Form erfolgen.

Zusammen mit der „Anzeige eines Arbeitsausfalls“ ist der manuelle Vordruck Kug 107a (Erklärung zur Beantragung von KUG durch Datenübermittlung aus Lohn- und Gehaltsabrechnungssoftware) bzw. Kug 307a (Erklärung zur Beantragung von Saison-KUG und ergänzenden Leistungen durch Datenübermittlung aus Lohn- oder Gehaltsabrechnungssoftware) einzureichen, sie sind vollständig ausgefüllt und unterschrieben an die zuständige Arbeitsagentur zu senden. Ohne diese jeweilige Erklärung stellen die elektronisch übermittelten Daten noch keinen vollständigen Leistungsantrag dar. Die Erklärung sollte daher der zuständigen Arbeitsagentur zwingend vor der Bearbeitung vorliegen, um Zeitverzögerungen im Bearbeitungsprozess und bei der Auszahlung zu vermeiden.

[Bearbeitungsstand: 11.12.2021]